MiFID II, Brexit, Digitalisierung der Finanzbranche – ein Auszug der Themen vom Finanzplatztag 2018

Fast 700 registrierte Teilnehmer aus Instituten von A, wie ABN Amro bis Z wie Ziraat Bank sorgten für gut gefüllte Vortragsräume, lange Schlangen am Buffet und regen Besuch an den Ständen der zahlreichen Aussteller, darunter auch unser Unternehmen.

Den ersten Vortrag hielt – als kurzfristig einspringender Überraschungsgast, Michael Schmidt von der Deka Investments – über ein spannendes Thema: Ein nachhaltiges Finanzsystem für Europa, mit vielen Einblicken in die Arbeit der EU High-Level Expert Group on Sustainable Finance. Die Group erstellt einen Bericht über die Herausforderungen und Chancen eines nachhaltigen Finanzsystems unter Berücksichtigung von Themen, wie Bevölkerungswachstum, Klimawandel und Digitalisierung.

Die Asset Management Branche hat über die Asset Allocation ein gewichtiges Wort bei Investitionsentscheidungen mitzureden und steht damit im Spannungsfeld zwischen dem Auftrag des Investors und dem gesellschaftlichen Ziel der Nachhaltigkeit. Langfristig schließen sich die beiden Ziele nicht aus: nachhaltige Unternehmen bringen auch gute Rendite. Allerdings sind viele Preissignale am Markt, wie zum Beispiel der CO2-Preis, noch zu niedrig, um auch für kurzfristigere Investitionen das Thema Nachhaltigkeit attraktiv zu machen.

Unser Eindruck: Die Finanzbranche hat sich in den letzten Jahren radikal gewandelt. Ein solcher Vortrag unter dem Logo eines großen Asset Managers wäre vor zehn Jahren nicht denkbar gewesen. Ein gutes Zeichen!

Brexit – chance und herausforderung

Der Brexit ist für den Finanzplatz Frankfurt Chance und Herausforderung zugleich. Eines der wichtigsten Anliegen, ist die Verlagerung des Clearings von Euro-Swaps in die EU. Die Deutsche Börse und der ganze Finanzplatz machen sich für Frankfurt als Standort stark, nachdem die Europäische Bankenaufsicht ja nach Paris vergeben wurde.

Unser Eindruck: Verlierer des Brexit wird Frankfurt sicher nicht sein. Eine pragmatische BaFin könnte mehr Institute nach Deutschland ziehen, was für wohl keinen der Teilnehmer des Finanzplatztages ein Schaden wäre.

MiFID II – im bereich des anlegerschutzes ist noch viel zu tun

Über drei Jahre und viele Millionen Euro nach Beschlussfassung ist MiFID II seit einigen Wochen in Kraft. Wie erwartet, kein perfekter Start, aber auch keine Katastrophe. In ihrem Vortrag ging Elisabeth Rögele von der BaFin auf die wesentlichen Themen ein: Handlungsbedarf rund um Tick Size (Zuordnung von Instrumenten zu den von MiFID II vorgegebenen Liquiditätsbändern und dem daraus resultierenden Notierungssprung), Vorhandelstransparenz (Veröffentlichungspflichten für Börsen, MTFs und Systematische Internalisierer) und Meldepflicht für Warenderivate. Die neuen Regelungen zum Anlegerschutz spielen sich gerade ein. Bei der Kostentransparenz gibt es Anlaufschwierigkeiten, auch wegen der mangelhaften Versorgung mit Produktdaten.

Unser Eindruck: Der Start von MiFID II war nicht friktionsfrei. Gerade im Bereich des Anlegerschutzes ist noch viel zu tun, und es ist in Zukunft nach und nach mit strengeren Maßstäben zu rechnen. Die Nacharbeiten dazu werden wohl zumindest bis Ende 2019 dauern.

digitalisierung in der finanzbranche

Erstmals gab es mit dem FinTech Germany Award eine Möglichkeit für FinTechs, sich am Finanzplatztag zu präsentieren. Neben den jungen Startups präsentierten auch etablierte Unternehmen ihre Konzepte für eine digitalisierte Welt. Gerade die Rollen der Abwicklungsbanken und deren Infrastruktur werden ja heiß debattiert. Entsprechend lebhaft verlief auch die Diskussion im Vortrag von Götz Röhr von HSBC Transaction Services über seine Vision von Abwicklungsbanken als Provider einer WpHG- und MiFID II-konformen Infrastruktur. Begleitend dazu hatten auch wir einen Vortrag über die Auswirkungen der digitalen Revolution auf Softwarelösungen, wie unsere Wertpapiersoftware GEOS, in dessen Rahmen wir auch Prototypen für User Experience und den Einsatz von künstlicher Intelligenz in Abwicklungssystemen demonstrieren konnten.

Unser Eindruck: Die FinTechs sind da, allerdings derzeit primär als Nutzer einer Infrastruktur der traditionellen Finanzwirtschaft. Die technologische Herausforderung, diese Infrastruktur attraktiv für neue Marktteilnehmer zu machen, ist enorm. Wirklich wichtig ist es, dass neue Technologien letztendlich die Kunden erreichen und sie zufriedenstellen können.

Wir freuen uns auf den Finanzplatztag 2019!

 

Let‘s do it! Erfolg, durch agile Methoden im Software Testing

Seit Jahren hört man in der Software-Entwicklung nur noch eines: „Wir müssen agil werden!“. Dennoch entwickeln nach wie vor viele Unternehmen ihre Softwareprodukte weiterhin in sequentiell-linearen Prozessen, bei denen die Anforderungen an das Produkt ganz am Anfang und der Test weit am Ende des Softwareentwicklungsprozesses stehen – nicht zuletzt deshalb, da dieses Vorgehen mit seinen klar umgrenzten Phasen für alle Beteiligten intuitiv nachvollziehbar und einfach zu managen ist.

Muss es aber immer der rigide Wasserfall sein, der stur und ohne Umwege nach unten fließt? Wir kennen die Antwort: Nein. Gerade wenn mehrere Firmen zusammenarbeiten – Auftraggeber, externe Softwareentwicklungsfirmen und (Software) Testing Services – und die Softwareprodukte in einer komplexen Systemlandschaft mit vielen Schnittstellen eingebettet sind, ist es die Quality Assistance, bei der am Ende des Projekts die Fäden zusammenlaufen.

Agile testing methoden erhöhen nachhaltig die qualität

Wir bei SDS haben einen Ansatz entwickelt, die möglichen Schwachstellen, die ein rigides, lineares Vorgehen mit sich bringen kann, auszugleichen und beide Welten – Wasserfall und die agile Vorgehensweise – zu vereinen. Damit können wir unseren Kunden punktuell die Anwendung agiler Methoden in der Projektabwicklung anbieten, um die höchste Softwarequalität zu erreichen, ohne dabei den komplett formalisierten Prozess, wie etwa „Scrum“ etablieren zu müssen.

Ein Projekt, das den Erfolg agiler Methodik beweist, ist definitiv das Testing des neuen Angebotes „FamilyBytes“ der T-Mobile Austria. Diesen Sommer durften wir für unseren langjährigen Kunden T-Mobile Austria, die Qualitätssicherung für dieses neue Telekommunikationsprodukt durchführen. Die besondere Herausforderung bei diesem Projekt bestand einerseits darin, dass der komplette Lebenszyklus eines Produkts mit entsprechend vielen beteiligten Systemen und Schnittstellen (von mobilen Webapplikationen bis zu komplexen Datenbankstrukturen) getestet werden musste. Andererseits war aufgrund von Marketing- und Werbeplanung ein Verzug im straffen Zeitplan keine Option.

mehr effizienz durch den wegfall der Black box”

Der entscheidende agile Baustein für den Projekterfolg von FamilyBytes war der intensive Austausch bereits während der Testspezifikation und Testfallerstellung. In ausführlichen Abstimmungsmeetings wurden die Anforderungen den Testern vorgestellt und erläutert. Die Ansprechpartner auf Kundenseite (Software Architekten, Business Analysten und Delivery Management) waren jederzeit offen für weitere Erläuterungen unklarer Punkte. Durch die intensive Diskussion und Auseinandersetzung mit den Anforderungen sowie punktuelles Nachziehen dieser bei Änderungen und vor allen Dingen durch den regen Austausch im Projektteam während der Testvorbereitung, waren wir zu Teststart optimal vorbereitet und konnten mit gutem Gewissen sagen: Let‘s do it!

Statt, wie in einem linearen Entwicklungsprozess üblich, in einer Blackbox zu testen und erst am Ende der Testphase die neue Software den Stakeholdern aus dem Fachbereich in einer großen Premiere vorzustellen, haben wir in diesem Projekt den intensiven Austausch auch während des Testings weiter gepflegt. Gleich im Anschluss an die Softwarelieferung in die Testumgebung wurde ein gemeinsamer Termin für einen Application-Integration-Test (AIT) angesetzt. Hier trafen sich alle Beteiligten (Design, Architektur, Business Analyse, Entwicklung und Test) zur Evaluierung der Softwarereife.  Anders als im klassischen AIT, lag unser Fokus klar darauf, grundsätzliche Fehler sofort während des Termins nicht nur zu identifizieren und analysieren, sondern auch umgehend zu beheben. Die Projektleitung gewann dadurch schon bei Anfang der QA die Entscheidungssicherheit für ein Go/No-Go hinsichtlich des angestrebten Markteinführungstermins. Und schließlich, nicht zu unterschätzen, bei einem Zusammenspiel mehrerer Unternehmen, stärken derartige Treffen den Teamspirit und den Fokus auf den Erfolg des Projekts.

einbindung der fachabteilungen bereits in der frühen projektphase

Ein weiteres wichtiges agiles Element waren die Testreviews, die von Struktur und Ablauf ähnlich zu den Sprint Reviews, während der laufenden Testphase gemeinsam mit den Stakeholdern aus Produktmanagement und Marketing abgehalten wurden. Auch hier hat man sich das agile Prinzip mit allen Stakeholdern an einem Tisch zu Nutzen gemacht: Die Kunden konnten sich mit der Software bereits vor der offiziellen Abnahme auseinandersetzen und hatten an dieser Stelle noch die Möglichkeit, Input aus fachlicher Sicht zu geben. Durch den frühen Zeitpunkt der Reviews war es auch möglich, mit Change Requests, die aus dieser Auseinandersetzung mit dem fast fertigen Produkt entstanden, die Softwarequalität noch innerhalb desselben Release zu verbessern. Beim abschließenden Abnahmemeeting gab es dann keine unerwarteten Überraschungen, da alle Unklarheiten und etwaige Missverständnisse bereits im Vorfeld geklärt wurden.

Die Testorganisation führte zum großen Erfolg des gesamten Testing Projektes. Delivery Management auf Kundenseite und Testmanagement bei SDS standen in engem, kontinuierlichen Austausch zueinander und ermöglichten dadurch einen klaren Rahmen für die Umsetzung.

Zusammenfassend sind es diese agilen Aspekte, die zum Erfolg des Projektes geführt haben:

  • Zusammenbringen aller Stakeholder für einen gemeinsamen Informations- und Erwartungshorizont statt  horizon instead of „Thinking inside the box”
  • Intensiver Austausch vor und während der Testphase statt One-Way-Kommunikation
  • Kurze Kommunikationswege, statt hierarchischer Ordnung
  • Offener und transparenter Austausch unter allen Beteiligten, statt Silodenken zwischen den Abteilungen und Rollen

Gerade der letzte Punkt ist natürlich nicht vom Test allein abhängig, sondern in einem hohen Maße von der modernen und offenen Arbeitsweise der involvierten Unternehmen. Und hier hatten wir das Glück, Teil eines hochmotivierten Projektteams zu sein. Dennoch waren es auch oben angeführte agile Maßnahmen, die sich positiv auf eine lösungsorientierte „Let‘s-do-it“-Haltung in der Testphase ausgewirkt und somit den klassischen Wasserfall punktuell ersetzt haben. Das Ergebnis: Effizienz, Transparenz und hohe Qualität der Produkte!

Regulatorische Themenfelder 2018

Eine der Nachwirkungen der Krise von 2008 war und ist die Neuregulierung der Finanzmärkte. Diese in der Branche oft auch als „regulatorischer Tsunami“ bezeichnete Welle hat in den letzten Jahren ihren Höhepunkt gefunden. Prominentestes Beispiel dafür ist wohl MiFID II / MiFIR, das Projekte mit vielen Jahren Laufzeit nach sich gezogen hat. Wiewohl es berechtigten Grund zur Annahme gibt, dass diese Welle der Neuregulierung vorerst zu Ende geht, und Aufsichtsbehörden wie Politik erst einmal die Effektivität beobachten wollen bevor neuerliche Justierungen durchgeführt werden, sind auch 2018 eine nicht zu unterschätzende Menge an neuen und alten Themen zu adressieren.

Gemeinsam mit unseren Kunden stellen wir jährlich eine Übersicht dieser Themen zusammen, um die Analyse und rechtzeitige Umsetzung zuverlässig zu ermöglichen.

Nach wie vor am Radar ist der Dauerbrenner MiFID II/ MiFIR, bei denen noch einige weniger hochpriorisierte Themen Feinschliff benötigen. Dazu gehören beispielsweise das Transaktionsreporting nach Artikel 26, bei im Bereich der Corporate Actions (Meldungen bei Stockdividenden mit Wahlmöglichkeit noch Änderungen anfallen, sowie die Meldung von Wertpapierfinanzierungsgeschäften (gleichzeitiger Erwerb und gleichzeitige Veräußerung eines Finanzinstruments ohne Wechsel des Eigentums an diesem Finanzinstrument mit der Pflicht zur Nachhandelsveröffentlichung).

Wertpapierfinanzierungsgeschäfte sind gleichzeitig auch der Kern der SFTR. Für dessen Implementierung werden Datenmodellerweiterungen für Repo/Leihe/Collateral und die Verarbeitung der neunen Attribute in den Meldesätzen notwendig.

Zwei weitere Themen aus MiFID II / MIFIR laufen ebenfalls noch bis 2018 in der Umsetzung: Das eine sind Optimierungen bei der Erstellung von Belegen zur Kostentransparenz über m:Cost, das andere ist die Besteuerung und Buchung von auszukehrenden Zuwendungen. Zuwendungen aus dem Vertrieb von Finanzprodukten müssen ja unter bestimmten Umständen an den Endkunden weitergegeben werden, und unterliegen damit einer Steuerpflicht. In GEOS werden für diese außerhalb von GEOS ermittelten Beträge die Kundenabrechnung, die Buchung, die KESt-/Best-KESt-Ermittlung und Verlusttopf-Anpassung (für Österreich), das Kundenreporting, die Ausgabe in das Steuerreporting, die KESt-Anmeldung und der automatische Informationsaustausch (über i:Reg) erledigt.

Damit ist allein schon mit dem Feinschliff von MiFID II ein signifikantes Arbeitsvolumen gegeben. Dazu kommen noch die „üblichen“ Steuerthemen, in Österreich rund um die Best-KESt und KESt, die in regelmäßig stattfindenden Expertenrunden behandelt werden.

Auch an neuen Themen herrscht kein Mangel: Die Frage der gesetzliche Meldepflicht an die FMA über In-house-Geschäfte die nicht über CSD abgewickelt werden (CSDR-Meldung) ist ab Jänner 2018 zu klären, zur Datenschutzgrundverordnung (SDGVO, GDPR) bestehen bereits laufende Aktivitäten mit einer bereit knappen Deadline für die Umsetzung der relevanten Änderungen in unseren Softwareprodukten, und die Aktionärsrechte-Richtlinie (die zwar erst ab 2020 wirksam wird), sollte ab Herbst 2018 in größerem Rahmen beleuchtet werden.

Damit ist der Überblick über die wichtigsten Punkte gegeben. Natürlich müssen wir damit rechnen, dass im Laufe von 2018 noch weitere heute noch nicht absehbare Themen auftauchen. Wie dem auch sei, mit der Abbildung dieser Anforderungen in GEOS werden wir auch im kommenden Jahr einen wesentlichen Beitrag zur gemeinsamen Aufrechterhaltung eines geordneten und effizienten Kapitalmarktes in Österreich leisten.